Press and Statements

Ausstellung "Menschen - Tiere - Emotionen"

Fotografien von Ottmar Nießen

St. Josef-Krankenhaus Neuss

„Die hier im St. Josef-Krankenhaus Neuss ausgestellten etwa 50
Fotografien Ottmar Nießens nehmen den Betrachter mit auf eine
Entdeckungsreise durch Kontinente und ferne Länder. Mit ihm, der
seine Bilder auch in Ausstellungen zeigt, machen wir
Station in Venedig und Paris, lassen die Eindrücke Südostasiens
(Thailand, Vietnam und Kambodscha), Amerikas oder Afrikas auf uns
wirken. Wir begleiten den Fotografen während seiner Begegnung mit
Mensch und Tier und erleben gemeinsam mit ihm die Faszination
urbaner Landschaften und der Natur, die er in seinen Bildern
ausdrucksstark in Schärfe, Kontrast oder Auflösung mit der
Kameralinse eingefangen hat.

Im Focus seiner Fotografie steht das Individuum, der MENSCH als
Mittelpunkt in Porträt- und Momentaufnahmen, als Teil einer immer
spektakulären großartigen Kulisse, die Ottmar Nießen auf seinen
vielen Reisen mit der Kamera festhält. Das Fotografieren entdeckte
er als Jugendlicher lange vor der Eroberung der digitalen Fotografie,
zu einer Zeit, als Insbesondere die Raffinesse, der Feinschliff des
Handwerklichen, auch das noch eher umständliche Entwickeln in der
eigenen Dunkelkammer die Arbeit als Fotograf in Anspruch nahm.
Der Einsatz der Kamera, die Motivsuche und die damit verbundene
Sehnsucht (Fernweh), mit dem „fotografischen Blick“ irgendwo in der
Welt für sich das EINMALIGE UND BESONDERE zu erkennen und
abzulichten, ist ein Ausgleich zum Beruf, wo Ottmar Nießen im
Marketingbereich der pharmazeutischen Industrie tätig ist und auch
Fachvorträge zum Thema Psychiatrie hält. Die Kunst des
Fotografierens ist ihm längst zur Passion geworden, Teil seines
Lebens, zur Stimulans, die ihn immer wieder zur Suche nach einem
geeigneten Motiv antreibt, und dem er nachgiebig Zeit und Raum
seiner Freizeit vollständig unterordnet.

Seine Fotografien sind das Ergebnis eines kompromisslosen
Beobachtungsprozesses, bei dem Ottmar Nießen den Vorteil der
Unauffälligkeit auskostet. Nur so kann es gelingen, sich vollständig in
seine Umgebung hinein zu fühlen, sie auszutesten und mit ihr zu
verschmelzen. Nur aus dieser Nähe heraus, behutsam und
zurückhaltend, gelingt es ihm in seinen Bildern das Authentische zu
beachten und mit seiner Kamera bis zum ganz „Speziellen“
vorzudringen. Nie das Umfeld aus dem Blickwinkel verlierend, wird
dieses „Einzigartige“ als Teil eines umfassenden Ganzen
herausgefiltert. Auf diese Weise konnten meisterliche
Momentaufnahmen- und Porträts vor allem von Menschen entstehen,
die sich nicht dem Blick des Fotografen ausgesetzt fühlten und sich
daher, ohne Absprache, ohne Pose ihre Natürlichkeit und Würde
bewahrten.

Dennoch ist die Bilderwelt, wie wir sie hier bestaunen, keine Kopie
der Wirklichkeit. Denn es ist ja der Blick des Fotografen, der die
Bildaussage prägt, nachdem erst die Vorstellung dafür vor seinem
„inneren“ Auge gefestigt wurde. Weil wir alles durch die Augen
Ottmar Nießens sehen, können wir auch mit ihm empfinden und
teilhaben an dem, was er uns in seinen Fotografien zeigen möchte.

In seiner Ausstellung „Menschen – Tiere – Emotionen“ blicken wir in
Gesichter, die unsere Neugierde erwecken und mit deren Bildnissen
oft persönliche Geschichten verknüpft werden können. Es sind zum
einen die scheuen Menschen Kenias, deren Vertrauen man erst
gewinnen muss, damit sie sich auf die Kamera einlassen. Nur so
entstanden Porträts von stolzen, hochgewachsenen Maasai, die vor
aufgewühltem Himmel wie junge Krieger für die Hochzeit gewappnet
oder geschmückt in ihrer volkstümlichen Tracht zu bewundern sind, –
gleichzeitig verwoben in ein Leben von Kommerz und Fortschritt, das
sich in manchem Bildhintergrund für uns als abschreckendes
Durcheinander selbst enttarnt.

Geradezu genussvoll aber erscheint uns das Schwelgen der
Afrikaner in kräftigen leuchtenden Farben, die akzentuiert und
wirkungsvoll als Glanzlicht innerhalb des Bildganzen in Szene
gesetzt werden. Farbenfreude und vereinzelte Farbschwerpunkte
finden wir auch in den Bildnissen Asiens, wenn z.B. durch das
intensive Blau die tiefliegende, schwer beladene Barke auf einer
Wasserstraße in Thailand, als sog. „eye catcher“ unser Interesse
erweckt.

Neben der radikalen Reduzierung auf Schwarz-Weiß löst Ottmar
Nießen in einzelnen Fotografien das Problem der Bildwirkung, indem
er die Farbigkeit einfach kunstvoll zurücknimmt, wie in Beispielen aus
Vietnam mit den unbemerkt fotografierten uniformierten Polizisten und
Soldaten. Hierbei hilft die digitale Bildbearbeitung, um sich auf einen
Farbwert oder wenige zusammenhängende Farbtöne zu
konzentrieren. Wenn auch die Fotografie dadurch an Kontrast und
Farbigkeit verliert, so kann sie doch an Stimmungsvollem dazu
gewinnen.

Ottmar Niesen selbst mag die Gesichter Asiens fast am liebsten, sie
sind wie physiognomische Landschaften, in denen das LEBEN die
Gräben von Falten und Furchen gezogen hat und deren freundliches

Lächeln dennoch bezaubernd und mitreißend ist. Neben gestochen
scharfen, prägnanten Porträts von Menschen erblicken wir auch das
Tier als geeignetes Modell der Fotografie. In extremer Nahsicht
schauen wir einem trügerisch ruhigem, fast zum „Stillleben“ mutierten
Leoparden ins Auge, bewundern die Eidechse in ihrer schillernden
Schönheit oder sind dabei, wenn sich das schwerfällige Nashorn
soeben in Bewegung setzt.
Einige Aufnahmen beinhalten auch eine modellierte Wirklichkeit. Sie
erscheinen wie mit einem Weichzeichner bearbeitet und wirken leicht
verschwommen, wie das Porträt des kleinen verträumten Jungen
oder die Ansicht der Weltstadt NY mit dem gebirgigen Panorama der
Wolkenkratzer. Scharfe Hell-Dunkel-Kontraste heben die
Freiheitsstatue effektvoll im Bild hervor.

Ob als sog. „snapshot“, der flüchtig das Treiben vor einem Pariser
Café oder auf einer venezianischen Piazza, das „Dolce Vita“ in der
Schwarz-Weiß-Fotografie dokumentiert, alle hier ausgestellten
Fotografien üben einen hohen visuellen Reiz auf den Betrachter aus.
DIESEM scheint sich selbst die abgelichtet Wirklichkeit zu
unterwerfen, erscheint sie doch auf einigen Fotografien fast künstlich,
so wie die unnatürlich malerische Landschaftskulisse mit der
Giraffenherde.

Die Fotografien, die in Key West oder Miami Beach entstanden,
geben viel vom Geist Amerikas wieder und erinnern ein wenig auch
an dessen Legenden. Man neigt schnell dazu, in dem Motorradfahrer
der Schwarz-Weiß-Fotografie den jungen Wilden James Dean
wiederzukennen und den hinter dem Steuer seines Wagens
fotografierten Mann mit Humphrey Bogart zu vergleichen, so sehr
ähnelt er diesem auf den ersten Blick, mit seinem tief ins Gesicht
gezogenem Hut und der Zigarettenkippe im Mund. Und nicht von
ungefähr drängt sich ein Vergleich der nächtlichen, farblich
manipulierten Straßenszene, dem Geschehen in einem
Schnellrestaurant mit den realistischen Werken des amerikanischen
Malers Edward Hopper auf, so nahe kommen sich die Atmosphäre
und Wirkung von Fotografie und Kunstwerk.

Mit dem veränderbaren Anspruch von Ästhetik und Wirklichkeit und
mit der Kamera als technisches Pendant zum Pinsel, kann auch die
Fotografie das Spektrum bildnerischer Möglichkeiten ausschöpfen.
Wenn Fotografien die Wirkungskraft von Gemälden entfalten, entfällt
die Antinomie zwischen Malerei und Fotokunst und das Foto wird
zum Werk der bildenden Kunst. Diesen Eindruck schließen wir ab mit
Beispielen zu einem besonderen Projekt, das dem Dichter Hans
Christian Andersen gewidmet ist. Gemeinsam mit dem Künstler
Michael Gnade aus Bergisch-Gladbach, der überzeugend in die Rolle
Andersens schlüpfte, entstand eine poetische, fast biedermeierlich
anmutende Inszenierung aus Schauspiel und Fotografie, dem der
Text noch folgen wird.

Mittels seiner Wahrnehmungsfähigkeit, Neugierde und
Menschenkenntnis erzielt Ottmar Nießen in seinen Fotografien den
bezwingenden Ausdruck, der den Betrachter unweigerlich fesseln
wird. Mit dem Anspruch des Ästhetischen, dabei stets das
„Wunderbare“ im „Alltäglichen“ vor Augen, gelingt ihm mit viel
Einfühlungsvermögen die fotografische Interpretation eines einzigen
Momentes, einmalig, unvergessen. Es ist gleichzeitig auch der hohe
Anspruch des Fotografen an sich selbst, innerhalb eines winzigen
Augenblicks das Zeitlose, „Ewige“ bewahren zu können.“

Gabriele Bundrock-Hill M.A.
Text der Rede von Gabriele Bundrock-Hill M.A.,Kunsthistorikerin, zur Eröffnung der
Ausstellung „Menschen -Tiere – Emotionen“,

Ausstellung "Menschen" -Impressionen, Emotionen ...

Momentaufnahmen auf Reisen

Fliedner Klinik Düsseldorf
Einführungsrede Andreas Somnitz: Kunst- und Gestaltungstherapeut

Verehrte Besucher, verehrter Herr Niessen,

wir dürfen verreisen. Nach Kenia, Thailand, Kambodscha, Vietnam, nach Key West, Miami und New York. Wir dürfen vorbeiziehen an fremden Menschen und Kulturen, hören Stimmen, haben einen Geruch in der Nase, spüren Wärme und Feuchtigkeit, nehmen unterschiedlichste Farbpaletten wahr.

Ottmar Niessen reist gerne und er nimmt uns mit auf seine Reisen. Er knüpft damit an die Anfänge der Fotografie an, als reiselustige Zeitgenossen mit ihren Fotografien den verblüfften Daheimgebliebenen die Welt ins Unermessliche vergrößerten.

Es ist nicht die Wirklichkeit fremder Menschen und Kulturen, sondern es ist die Wirklichkeit, wie Ottmar Niessen sie für einen Moment festhält. Aber auch diese Wirklichkeit ist nie pur zu fassen, sondern wird zur Projektionsfläche unserer eigenen Bilder und Vorstellungen. Liegt das Paradies nicht immer weit entfernt?

So vertraut uns die Bildthemen erscheinen, setzen sie uns doch dem Fremden, dem Andersartigen aus. Neben aller Faszination für das Fremde entstehen auch irritierende Momente: Schmerzt nicht das große Loch im Ohr? Ist dort wirklich der Boden in und um den Hütten mit Dung bedeckt?

Ottmar Niessen führt uns sicher durch diese Irritationen, denn seine Bilder haben stets eine hohe Ästhetik, die niemals in Oberflächlichkeit abgleitet. Dieser souveräne Umgang mit Bildaufbau, Farben und Formen schafft den notwendigen Rahmen für Neugier und Fragen. Wie sind die Menschen gekleidet? Was ist in ihren Augen zu sehen? Welche Spuren sind in ihren Gesichtern zu entdecken? Wie bewegen sie sich in der Welt? Was essen sie, welche Geschichten mögen sie sich erzählen? Und plötzlich entsteht Vertrautes: ein Blick, der sofort verstanden wird, eine Körperhaltung, die keiner Erklärung bedarf.

Die Fotos zeigen Situationen des Alltags, haben nie etwas Demonstratives, Gestelltes, suchen nie das Spektakuläre. Gerade deshalb werden sie so eindrücklich. Der sichere Blick für alltägliche Situationen und, wie ich meine, ein stets angemessener Abstand zu den Fotografierten, belassen diesen ihre Würde. Eine Würde, die auch durch unsere Bilder von ihnen gefährdet sein kann.

Wie wohltuend ist es, mit Ottmar Niessen in eine Schule des würdevollen Blickes zu gehen. Dafür danke ich Ihnen, Herr Niessen, und wünsche Ihnen, liebe Gäste, neugierige, sehnsuchtsvolle und staunende Blicke.